(n. Martin Tschechne)⇒ Meinungsumfragen stellen fast immer die
falschen Fragen an die falschen Leute
Fragen sind eher Stimmungsmacher
und sind damit suggestive Fragen an Befragte,
die zwar eine Meinung, aber keine Ahnung haben
und deshalb auf Stimmungsmache abzielen
Meinungsumfragen sind der Stoff, der Empörung oder Angst, politischen Willen oder auch nur Aberglauben aus heißer Luft entstehen lässt. Es braucht nichts als ein paar hundert Freiwillige, die am Telefon ihr gewichtiges Urteil über die Suche nach einem Endlager für Atommüll oder die Arbeit der Großen Koalition abgeben – und schon schlägt das Politbarometer aus, der Deutschlandtrend hat seine Richtung, die Seite eins ihre Schlagzeile.
Kennen sich wirklich so viele so gut in der epidemiologischen Berechnung von Ausbreitungswegen aus? Oder gibt die Maßzahl doch nur etwas wieder, was andere erfolgreich vorgekaut haben: Meinungsmacher, Strategieberater, Influenzer?
Eine Pandemie der Befragungen
Der amerikanische Comedian Jimmy Kimmel hat die Pandemie der Befragungen zu einem Running Gag für die Zuschauer seiner Fernsehshow gemacht. Immer mal wieder schickt er ein Kamerateam auf die Straße und fragt die Passanten: Was halten Sie davon, dass Ivanka Trump Nachfolgerin der kürzlich gestorbenen Richterin Ruth Bader Ginsburg am Obersten Gerichtshof wird? Blühender Blödsinn, aber die Befragten geben brav ihre Meinung ab. Sollen wir wirklich Steuergelder aufwenden, um den Homo Sapiens zu retten? Häufigste Antwort: Steuergelder? – Um Himmels Willen, nein!
Oder auch nur: Nennen Sie ein beliebiges Land! Und dann stehen diese bedauernswerten Menschen vor einer Weltkarte, mündige Bürger wie Sie und ich, tippen mit einem Zeigestock auf Europa und sagen, das sei Australien. Man lacht innerlich und fühlt sich zugleich sehr ertappt. Gut, dass man nicht selber da gestanden hat, um sich mit der eigenen Ahnungslosigkeit lächerlich zu machen. Glauben Sie, dass Präsident Trump wiedergewählt wird? Und wie viele Gäste sollten allerhöchstens auf einer Hochzeitsfeier zugelassen werden?
Schön, wenn einer eine qualifizierte Meinung hat. Und schön, wenn es gelingt, aus vielen davon mittels Umfrage ein Meinungsbild zu erstellen. Es könnte ein Treibstoff für demokratisches Handeln sein. Aber jede Meinung setzt zumindest einen Hauch von Kenntnis voraus. Sonst sollte man sie seinen Mitmenschen ersparen. Und die Umfrage gleich dazu.